Frischluft fürs Physio-Hirn - Der pt-Podcast für Physiotherapeuten

Frischluft fürs Physio-Hirn - Der pt-Podcast für Physiotherapeuten

Transkript

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00:00:00: Du musst dich stets verändern. Ich glaube Stabilität entsteht nur durch Veränderungen.

00:00:05: Let's get physical! Die Physiotherapie muss dahin, wo die Menschen sind.

00:00:16: Ich bin Nils Peter Hai, ich bin der Herausgeber von der PT.

00:00:19: Und wir produzieren heute wieder Frischluft fürs Physio-Hirn, den PT-Podcast.

00:00:23: Und der ist Sponsor bei OptaData, da sagen wir vielen herzlichen Dank dafür.

00:00:27: Und ich habe wieder eine Audio-Zuschrift bekommen an die PT-Redaktion.

00:00:32: Und zwar von einem Kollegen von euch, von Michael. Und da hören wir mal rein.

00:00:36: Hallo, hier ist Michael, ich bin Physiotherapeut, habe 2009 meine Ausbildung abgeschlossen.

00:00:43: Und dann noch ein Masterstudium absolviert und aktuell leide ich eine Praxis mit 42 Mitarbeitern.

00:00:49: Im Alltag fällt mir zunehmend auf, dass es eine große Diskrepanz zwischen der Ausbildung

00:00:55: und der praktischen Arbeit gibt, während die Studienlage immer klarer die aktive Therapie

00:01:00: im Mittelpunkt rückt, ist das Kurriculum beiden auszubildenden, die wir Australierlei-Schulen

00:01:06: im Moment betreuen, immer noch sehr stark auf die passive Therapie auf der Bank fixiert.

00:01:10: Häufig fällt es meiner Meinung nach hier an Übungsideen für die aktive Therapie

00:01:15: an grundlegenden Kenntnissen in der Trainingslehre der Physiologie und zuletzt auch noch in der Biomechanik.

00:01:21: Könntet ihr das Thema vielleicht mal in eurem Podcast aufgreifen oder an passender Stelle nachhagen?

00:01:27: Ja, das ist das Statement von Michael und ich habe jemanden eingeladen, der sich damit besonders gut auskennt.

00:01:33: Ein Ruck müsste durch Deutschland gehen, sagt man auch. Bei mir ist Professor Dr. Alfred Rucker

00:01:40: von der Hochschule Döpfer in Regensburg. Hallo Alfred, sagt mal, meinst du denn, man braucht

00:01:46: einen alten Rugby-Spieler wie dich, um die Ausbildung in Deutschland zu tackeln, um sie dann wieder neu aufzubauen?

00:01:52: Das ist sicherlich jetzt mal eine spannende Frage. Ich glaube nicht, dass er mich direkt braucht,

00:01:56: aber ich glaube, ich habe zumindest Ideen, die ich für mich auch sehr stark vertrete,

00:02:00: weil ich die Doha sinnvoll empfinde, ob sich die teilen lassen, stellt sich dann aus unserem Gespräch heute raus.

00:02:06: Jetzt bist du ganz ungewöhnlicherweise früher mal Rugby-Spieler gewesen und heute ja natürlich

00:02:12: ein Physiotherapeut und Physiotherapie-Ausbilder, wenn ich da mal so richtig elegant nachfragen darf.

00:02:17: Wie kommt man denn zum Rugby?

00:02:20: Gut, an sich ist es eine relativ lange Geschichte. Ich versuchte aber ein bisschen kurz zu halten.

00:02:24: Letztendlich hatte ich die Chance mal nach England zu gehen und in England tatsächlich ein paar Jahre zu leben.

00:02:29: Und nachdem ich vorher durchaus sportlich im Rahmen des Fußball unterwegs war, wie glaube ich sehr viele von uns,

00:02:35: hat man mich in England angesprochen, auch in der Firma, wo ich arbeite, ob ich nicht mal Rugby probieren will.

00:02:40: Weil von der Statur hatte ich glaube ich schon das optische Erscheinungsbild dazu.

00:02:44: Und dann habe ich mir am Anfang gedacht, da komme ich jetzt ja nicht zum Raufen, ich kenne das Rugby eigentlich gar nicht.

00:02:48: Aber letztendlich war es dann einfach schon so ein bisschen was Neues ausprobieren.

00:02:52: Und dann hatte ich tatsächlich den Luxus eben, das Rugby-Spiel in England lernen zu dürfen, also auch dem Mutterland des Rugbys,

00:02:59: was mich wahnsinnig menschlich geprägt hat, aber auch dementsprechend auch weitergebracht hat.

00:03:04: Lass mal noch zurückgehen, du hast mir im Vorgespräch erzählt, davor hast du relativ hochklassig Fußball gespielt.

00:03:09: Ja, ich habe zumindest, ich nenne es mal so ambitioniert Fußball gespielt.

00:03:14: Und wie gesagt auch hier das Schönste, was immer natürlich so dieses Erlebnis ist, was man sicherlich mal auch den Kindern erzählt,

00:03:19: dass man mal gegen Schalke 04 im DFB-Pokal gespielt hat, aber dann doch schon eine richtige Klatsche bekommen hat.

00:03:25: Aber das war dann schon, wie gesagt, schon ein bisschen länger her, da ist mittlerweile auch schon ein bisschen Gras drüber gewachsen.

00:03:29: Aber ich glaube zu dem Zeitpunkt war ich doch aus sehr sportambitioniert, vor allem Fußball bezogen.

00:03:35: Und dann bist du nach England wegen der Liebe, hast du gesagt?

00:03:39: Ja, tatsächlich, der ausschlaggebende Grund war, dass ich festgestellt habe, ich habe vorher ein bisschen im Rahmen der Betriebswirtschaft

00:03:47: mich versucht zu entwickeln, dass das nicht so geklappt hat.

00:03:50: Und dann hatte ich meine Freundin in Ingolstadt damals, wer im Studium kennengelernt.

00:03:54: Und dann war das wirklich so für mich der Schritt, wo ich gesagt habe, okay, also was hast du jetzt noch viel zu verlieren?

00:03:59: Und das kann ich ja nur weiterbringen.

00:04:01: Und dann ging das Buchstäblich nach England und ich muss sagen, ich würde es jedem raten, der die Chance hat, ins Ausland zu gehen,

00:04:07: einfach mal ein bisschen über den Tellerrand zu gucken.

00:04:09: Vielleicht nicht unbedingt gleich im gleichen Fachgebiet, aber das ist glaube ich schon eine prägende Zeit gewesen und sehr sinnvoll für mich.

00:04:16: Und angefangen hast du ganz woanders.

00:04:18: Also wir unterhalten uns ja immer vor diesen Podcastgesprächen, auch ein bisschen über deine Biografie.

00:04:23: Und da habe ich gelesen, auf der Hochschule Döpfer steht, dass du mal Industriekaufmann warst.

00:04:29: Das hat mich, wenn ich sage, irritiert, aber die Frage ist ja immer, glaube ich, für die Kolleginnen und Kollegen, die da draußen zuhören.

00:04:36: Wie wird man denn Physiotherapeut, wenn man vorher Industriekaufmann war?

00:04:40: Ja generell ist es so, dass ich damals tatsächlich, glaube ich, wie viele meiner Mitstreiter und auch leider auch heutzutage noch junge Menschen die Schwierigkeit hatte zu verstehen,

00:04:50: was das Leben von mir will und wie ich in dem Leben irgendwo einen Platz finden kann.

00:04:54: Und nachdem ich im Rahmen meiner Ausbildung Schule dann auch irgendwie so die Idee hatte, hey, das könnte eigentlich Wirtschaft was Interessantes sein,

00:05:02: blieb mir am Schluss eigentlich auch nichts anderes übrig.

00:05:05: Ich habe mich als Hotelfachmann beworben, ich habe bei einem Radiosenderpraktikungen gemacht und so weiter.

00:05:11: Und irgendwann kam so der Punkt, ja, das könnte eigentlich schon passen.

00:05:14: Ja, ja, dann haben wir gedacht, probierst das mal aus. Und es war sicherlich für mich eine auch prägende Zeit.

00:05:20: Ich habe auch ein bisschen Sachen mitnehmen können, aber ich habe schon gemerkt, ja, es ist schon eine Zählmaterie und vor allem nicht das, wozu ich mir im Leben fragen stelle.

00:05:28: Und dann kam irgendwann die ein oder anderen Punkte dazu, die dann dazu beigetragen haben, dass ich das zwar durchgezogen habe, aber unterm Strich damit nicht happy wurde.

00:05:36: Du hast mir erzählt, dass der Physiotherapeut von deinem Rugbyverein in England dich letzten Endes in die Physiotherapie reingezogen hat.

00:05:44: Ja, buchstäblich. Also ich muss sagen, ich hatte tatsächlich auch so, kommt so ein bisschen aus dem medizinisch-familären Hintergrund.

00:05:50: Das sind schon natürlich auch Themen, die man dann tagtäglich spürt und hört, ja, und mega spannend.

00:05:55: Aber man merkt auch irgendwo, was das für ein Riesenberg ist, den man da wegschaufeln müsste, um überhaupt in diese Richtung dann zu gehen.

00:06:01: Und als Kind und Jugendlicher tut man sich da vielleicht ein bisschen schwer auch in der Vorstellung.

00:06:05: Und just war es, über das Fußball spielen, halt auch Betreuerleistungen kennengelernt zu haben, die ich damals schon irgendwie stark in Frage gestellt habe.

00:06:13: Zum Thema auch Schmerzversorgung. Was soll das bringen? Wie schaut das aus? Aber ich war noch viel zu weit weg.

00:06:19: Und während der Zeit in England, während im Rugby spielen, kam es natürlich dann so, dass du durchaus, wenn man sich mit der Sportart ein bisschen auseinandersetzt,

00:06:27: da muss man auch zupacken und kriegt zu den einen anderen Hieb auch mal mit.

00:06:30: Und da hat mich dann schon fasziniert, dass auch hier die Idee der Schmerzerfahrung ganz anders wahrgenommen wird, wie ich es jetzt aus dem Fußball auch kannte.

00:06:38: Und dass es durchaus an sich physiologisch spannend ist. Und just war der Vorteil, dass einer der Physiotherapeuten dort bzw. auch seine Partnerin in einem College dort ausbilder waren letztendlich.

00:06:51: Und der hat mich dann tatsächlich auch an bestimmten Situationen einfach mal unter die Fittiche genommen und mich mal mitgenommen.

00:06:57: Und das fand ich wahnsinnig spannend. Also wenn ich dann die Physiotherapie in Deutschland kannte, wie ich sie kannte und wie ich sie dann in England damals kennenlernen durfte.

00:07:05: Und jetzt sprechen wir auch schon vor 15 Jahren, wenn es reicht 20 Jahre, war schon nochmal ein riesen, riesen Unterschied.

00:07:12: Und da war mir dann irgendwie klar, durchaus dann noch ein bisschen geprägt durch die Gespräche mit meiner damaligen Freundin,

00:07:18: hey, ich glaube Physiotherapie könnte was sein aus dem Verständnis, wie ich Physiotherapie sehe, dass du Physiotherapeut werden könntest.

00:07:25: Ja, mega spannend. Mit dem Rugby ist das ja auch so ein Thema. Also kurze Anekdote.

00:07:30: Ich bin ja Segelausbilder bei der Royal Yachting Association, also bei den Seglern.

00:07:33: Und darüber habe ich ja sehr, sehr viele Engländer kennengelernt. Und immer wenn Rugby-Spiele sind, dann gehen die alle in die Kneipe.

00:07:40: Da fliegt nur so das Guinness auf den Tisch. Und da steckt ja eine ganz andere sportliche Fairness dahinter.

00:07:47: Vor allem auch, weil das physikalisch ja natürlich ein unfassbar verletzungsreicher Sport ist.

00:07:53: Und wie hast du das erlebt in England?

00:07:56: Tatsächlich, also das erste war für mich, wo ich überlegt habe, pass ich da überhaupt rein, weil man ja immer wieder auch so ganz komische Mythen hört,

00:08:03: wenn man irgendwo als Ausländer hinkommt, war aber das komplette Gegenteil.

00:08:06: Ich wurde wahnsinnig warm aufgenommen in beiden Clubs, in denen ich da nochmal gespielt habe.

00:08:11: Und es war tatsächlich dann auch zu den Spielen, auch diese Fairness, die du beschreibst, dass man sich danach mit den Gegenspielern

00:08:18: auch getroffen hat und buchstäblich zusammen mal ein Hinderniebinde geschüttet hat.

00:08:23: Das gehört einfach mit dazu. Auch die Idee, dass sich die Nationalmannschaftsspieler unter die Menge mischen danach nach den Spielen,

00:08:31: das ist einfach ein bestimmter Stil und ein bestimmter Style, der schon eine Art von Gentlemen da sein hat,

00:08:36: aber auch eine Art von Demut, weil ich brauche ja alle Beteiligten zum Spielen.

00:08:40: Also ich brauche den Schiedsrichter, ich brauche die Fans, ich brauche die Zuschauer, also alle, die da irgendwie mitmachen.

00:08:45: Und die Physiotherapeuten.

00:08:46: Und die Physiotherapeuten, die dann auch eine große Rolle spielen, definitiv.

00:08:49: Und somit war die Wahrnehmung genauso, wie du sie beschreibst, ja, es ist einfach von den Werten, die ich in dem Sport

00:08:55: gesellschaftlich, wie sportlich kennengelernt habe, hat es irgendwie genau mein Charakter getroffen.

00:09:00: Und da hat sich dann tatsächlich eine buchstäbliche Leidenschaft entwickelt, die dann tatsächlich so Leidenschaft, ja.

00:09:07: Ja, schmeiß mal mal die Zeitmaschine an und geh mal in die Gegenwart.

00:09:11: Jetzt bist du heute, ich finde nicht sagen am Ende deiner Karriere, aber du bist dann in der Struktur der Physiotherapeuten,

00:09:17: auch als Hochschulprofessor, sehr weit aufgestiegen.

00:09:20: Wie siehst du das?

00:09:21: Und der Kollege Michael hat gesagt, er sieht eine große Lücke zwischen der praktischen Ausbildung,

00:09:26: oder zwischen dem praktischen Job in der Praxis und der Ausbildung an der Schule oder an der Hochschule.

00:09:31: Wie siehst du das heute aus akademischer Sicht?

00:09:34: Existiert das? Hat der Michael recht? Sind es eine Besorgnisse, die er da hat, sind die Nachvollziehbar?

00:09:41: Ich kann sie teilweise verstehen, einfach weil wir gerade in so einem Transformationsprozess sind,

00:09:47: der jetzt halt auch leider schon gefühlt 25 Jahre dauert, nur jetzt langsam einfach schon ein bisschen

00:09:54: sowohl die akademische Ausbildung als auch die Berufsfachschulausbildung einfach so ein bisschen die Unterschiede aufzeigen.

00:10:01: Was ich ganz schön finde, weil die Berufsfachschule ist ein Thema, das uns sehr weit gebracht hat auch in der Physiotherapie,

00:10:07: in der Patientenversorgung, was für mich immer das Wichtigste dabei ist, was hat der Patient davon?

00:10:12: Und ich glaube, dass die Berufsfachschulausbildung auch einen Stellenwert hat, der Wichtig ist für uns.

00:10:17: Nichtsdestotrotz ist der nächste Aspekt, und das habe ich bei dem Kommentar auch so rausgehört,

00:10:23: ist dann schon noch mal ein bisschen ein Unterschied, wenn wir die akademisierte Ausbildung weitertreiben.

00:10:28: Da gibt es natürlich verschiedene Stellungnahmen, verschiedene Parteien, wie die das gern betrachten wollen.

00:10:33: Aber letztendlich kommt dann schon noch mal ein Unterschied dazu, der sich teilweise auch wiederum in der Versorgung der Patienten widerspiegelt.

00:10:41: Und somit kann ich das die Wahrnehmung teilen.

00:10:45: Ich glaube aber, dass wir generell aus beiden Welten das Beste machen können, um dann auch wieder vorangehen zu können.

00:10:52: Wer sind denn da die Parteien? Wir reden auf der einen Seite über die Politik, die die Rahmenbedingungen setzt.

00:10:58: Welche sind das? Wie kann man das verändern? Wie kann man das verbessern?

00:11:02: Ich glaube, die Schwierigkeit dabei ist einfach, dass wir im Gesamtpaket in unserer Physioblase,

00:11:08: und ich würde jetzt auch mal tatsächlich sagen in der Therapieblase, also auch Logopädi-Erkotherapie, da bin ich aber jetzt nicht so für mich,

00:11:16: einfach Vorstellungen haben, die noch so ein bisschen aus einer älteren Zeit kommen, die aber wichtig war für unseren Entwicklungsprozess.

00:11:23: Und auf der anderen Seite haben wir die Parteien in unserer Blase, die die moderne Entwicklung der Physiotherapie auch stark vorantreiben wollen.

00:11:31: Das ist zumindest mal die fachliche Situation.

00:11:34: Und somit treffen natürlich Welten aufeinander, die auch in sich in bestimmten wirtschaftlichen Ökosystemen verankert sind,

00:11:40: die ihre Interessen wiederum vertreten wollen.

00:11:43: Das ist verständlich, also auch hier muss man ganz klar sagen, wir leben in der Demokratie, deswegen sind es demokratische Prozesse,

00:11:49: die wir auch wirklich durchfechten müssen.

00:11:52: Auf der anderen Seite ist es aber auch die Politik.

00:11:54: Und da habe ich für mich so ein bisschen die größere Schwierigkeit, weil ich nicht erkennen kann, dass die Politik das Bedürfnis guter Therapie versteht.

00:12:04: Jetzt kann man natürlich auch sagen, ja, Politikbashing kann man immer ganz einfach betreiben.

00:12:09: Ja, es soll auch hier kein Politikbashing sein, weil ich durchaus sehr wertschätze, was sowohl berufspolitisch stattfindet,

00:12:15: aber vor allem in der Entscheidungspolitik ganz oben.

00:12:17: Dennoch glaube ich nicht, dass man in der Politik wirklich wertschätzen kann, was sowohl, also was die Therapieberufe für ein immenses Potenzial hätten,

00:12:29: vor allem die Herausforderungen, denen wir uns jetzt dann zukünftig stellen müssen, die richtig angehen zu können.

00:12:35: Und da, glaube ich, fehlt einfach auch der Mut, diese Schritte zu gehen.

00:12:38: Und da, glaube ich, haben wir sehr viel von diesem Beide gefragt, das welche Parteien.

00:12:42: Ich glaube, dass es in der Blase sind zwei große Lager und dann von außen natürlich auch noch ein Lager.

00:12:49: Und das wird dementsprechend dann auch bespielt.

00:12:52: Lass mal zusammenrechnen, in der Blase, die Lager sind, die Verbände.

00:12:56: Zum Beispiel, ja.

00:12:57: Wer noch? Die Therapeuten an sich?

00:12:59: Die Therapeuten an sich, dann die Berufsfachschulen, die Hochschulen.

00:13:03: Dann kommen natürlich die Interessensverbände mit dazu, wie die gesetzlichen Krankenkassen, die Privatversicherer, die die Blase bestimmen.

00:13:11: Und dann haben wir natürlich die politischen Rahmenbedingungen.

00:13:14: Und dann kommt noch als Letzter eben die Politik.

00:13:16: Und da ist es dann prinzipiell jetzt Wurst, ob wir vom Gesundheitssystem sprechen, was doch die Politik ja gemanaged wird.

00:13:21: Aber das sind dann die Player, die da eine Rolle spielen.

00:13:24: Was würdest du vorschlagen, wenn du morgen wünscht, dass du etwas spielen könntest?

00:13:29: Und würdest sagen, liebe Politik, es gibt so viele Gründe, das zu beschleunigen.

00:13:34: Was würdest du denn sagen?

00:13:36: Ich glaube, das Thema, so wie du es jetzt anfregst, ist durchaus ein sehr weitgefächertes.

00:13:41: Meine Gedanken dazu sind eigentlich zwei.

00:13:43: Und zwar, die erste Problematik ist das, wenn wir so ein bisschen in diesen Alterswandel reinschauen.

00:13:49: Da, glaube ich, ist es einfach noch nicht klar genug, in was für ein Problem wir reinlaufen.

00:13:53: Das heißt, ich habe mir Zahlen mal angeguckt, und zwar wie so ein Altersquotient oder Altenquotient ausschaut.

00:14:00: Und den haben wir aktuell, 2020, wenn ich mich nicht täuscht, bei 31 Prozent gehabt.

00:14:05: Das heißt, die Zahl bedeutet, dass auf 100 Erwerbstätige im Alter zwischen 20 und ungefähr 65 Jahren,

00:14:13: 20 bzw. 2020, 31 Menschen kommen, die nicht erwerbstätig sind.

00:14:19: So, jetzt, wenn wir das steigern in Hochrechnungen auf 20, 49, einfach mal so ein bisschen in die 20 Jahre Glaskugel gucken,

00:14:25: kommen wir an so einen Altenquotient von fast 50 Prozent.

00:14:29: Jetzt kann man natürlich noch diskutieren, ja, wir werden durch bestimmte technologische Fortschritte

00:14:34: noch bestimmte Arbeitserleichterungen bekommen.

00:14:36: Da bin ich auch davon überzeugt.

00:14:38: Aber nichtsdestotrotz halbiert sich die Leistungsfähigkeit in der Volkswirtschaft.

00:14:42: Jetzt, wenn man den Schritt weitergeht und überlegt, okay, was bedeutet das?

00:14:46: Weiter im Umfang, wir werden auch die Versorgungslücke immens haben.

00:14:51: Und da brauche ich nur in die Pflege gucken, die da als Vorreiter ist,

00:14:54: wenn wir schauen, dass da aktuell Zahlen kursieren, dass wir in 20 Jahren ungefähr 700.000 offene Stellen Pflege haben.

00:15:01: Und jetzt kommen wir an den Punkt, wo ihr gesagt hast, was würde ich in der Glaskugel sehen?

00:15:05: Wir haben dann das Problem, dass wir die Menschen nicht mehr versorgen können.

00:15:08: Und auf einmal ist es so, ich nimm mal das Beispiel, lasst zum Beispiel deinen Vater oder deine Mutter

00:15:14: in irgendeiner Form von einem Schlaganfall kommen.

00:15:16: Und du findest niemanden mehr, der die wirklich sinnvoll versorgen kann,

00:15:19: dass sie ihren Alltag meistern können.

00:15:21: Hier geht es noch nicht mal jetzt ein Marathon gleich zu laufen, sondern Alltag meistern.

00:15:25: Das heißt, da bist du dann gefragt, als Familienmitglied, deine Eltern zu versorgen,

00:15:30: was ja legitim ist.

00:15:32: Aber unter der Prämisse verlierst du an Arbeitskraft.

00:15:35: Und somit haben wir eine Situation, die eigentlich ein Teufelskreis ist,

00:15:39: wenn wir nicht verstehen, wie wir den angehen können.

00:15:41: Und deswegen würde ich in der Glaskugel mir extrem wünschen, dass wir Konzepte entwickeln,

00:15:46: die jetzt physiotherapeutisch natürlich wissenschaftsorientiert sind,

00:15:50: aber sowohl in der Berufsfachschulausbildung, die Thematik der Bewegung, Bewegungsmodelle,

00:15:54: Bewegungsverständnis weiterentwickeln und dann aber auch eine Berufsautonome Handlungsfreiheit bekommen.

00:16:02: Die haben wir nicht.

00:16:04: Das sind Daumenschrauben, die uns angelegt werden auf verschiedenen Ebenen.

00:16:07: Und somit ist die Entwicklung gehandicapt, weil wir tatsächlich das, was wir in der Art von akademischer Entwicklung haben,

00:16:14: nicht auf die Straße bringen.

00:16:16: Und somit würde ich mir einfach wünschen, dass sobald wir Berufsautonome werden können,

00:16:21: haben wir auch Entscheidungsspielräume.

00:16:23: Und dann wird es eigentlich erst spannend, weil dann geht es erstmal um den nächsten Aspekt,

00:16:26: wer zahlt das?

00:16:28: Und da haben wir die Probleme dann, die wir, glaube ich, in der Glaskugel lösen müssen.

00:16:32: Ja, interessanterweise, ich hatte die Freude, eine Podiumsdiskussion zu moderieren auf der Therapie in Leipzig und zwar für die Fitnessindustrie.

00:16:39: Und die stehen natürlich in den Startlöchern und sagen eigentlich, diese Lücke, die die Physiotherapie derzeit hinterlässt personell,

00:16:46: die müssten eigentlich die Fitnessstudios im weitesten Sinne, also auch die Fitnesstrainer ausführen.

00:16:52: Wächst da eigentlich der Physiotherapie irgendwie eine Konkurrenz an oder wie bringt man das zusammen?

00:16:59: Da glaube ich ganz klar, nein, sagen zu können.

00:17:02: Also wenn ich jetzt meinen Verständnis von Physiotherapie betrachte nochmal,

00:17:05: ich habe dieses Verständnis schon immer, dass diese Bewegung eine große Rolle spielt.

00:17:09: Und ich glaube schon, dass wir den Luxus haben, dass die Fitnessindustrie ein sehr engagierter Betriebsbereich ist.

00:17:15: Also die sind durchaus schnell und wiev wie bestimmte Modelle entwickelt werden können.

00:17:20: Und wir haben aber auf der anderen Seite eine sehr gute Infrastruktur der Physiotherapie, die man aber ein bisschen aufpimpen muss.

00:17:28: Und somit würden, glaube ich, auch für die Fitnessindustrie die Physiotherapeuten wahnsinnig interessant werden.

00:17:35: Also nicht nur aus dem Aspekt, dass sich jemanden bewegen muss, sondern hier geht es eigentlich auch um die menschliche Betreuung.

00:17:41: Und davon spreche ich jetzt nicht von Massage und irgendwelchen passiven Techniken,

00:17:46: sondern wirklich auch das Verständnis von pathologischen Problemen, wie wir Menschen mit Behinderung trainieren müssen.

00:17:52: Und nachdem ich ein extrem starker Verfechter von Inklusion bin, die für mich an oberster Stelle steht,

00:17:58: ist es eher daran, wie schaffen wir es, dass wir beide Welten so sinnvoll zusammenbringen, dass sie voneinander profitieren können.

00:18:05: Ich glaube, die haben sich eigentlich noch nie ausgeschlossen.

00:18:08: Trotzdem wurde irgendwie so eine Art Mauer aufgebaut, wo man sich immer nur darüber geguckt hat, was macht der andere

00:18:13: und was kann man vom anderen irgendwie stibitzen? Aber ich glaube, das Zusammenspiel ist das Wichtige.

00:18:17: Da kommen wir ja wieder genau zur Frage der Ausbildung zurück. Was muss die Ausbildung heute leisten?

00:18:23: Und jetzt muss ich nochmal nachbohren. Also der Michael sagt, es gibt ein Gap zwischen der Ausbildung und den Anforderungen der Praxis.

00:18:29: Da haben wir jetzt, wenn ihr euch erinnert, wir haben in der Februarausgabe von unserer PT einen großen Überblickstatikel zur ICF gebracht.

00:18:37: Und jetzt sagen die Therapeuten oder die Praxisinsätze,

00:18:41: habe in der Klinik, dass sich zum Beispiel die Schüler, die von der Schule kommen oder

00:18:44: aus dem Studium mit so was wie ICF in der Praxis viel zu wenig auskennen. Wie würde

00:18:49: man denn so was verbessern? Ich glaube, da müssten alle Beteiligten drüber nachdenken,

00:18:54: wie man so was anpackt. Weil wir haben das Problem, dass wir auf der einen Seite fachlich

00:18:58: betrachtet in einem Wirtschaftssystem gefangen sind. Also ich nehme einfach mal die Situation,

00:19:04: zweimal sechs auf so eine Verordnung zu stehen haben, ist zwar ein tolles Businessmodell,

00:19:08: aber als Genesungsmodell absolut uninteressant. Und nachdem wir aber alle, die sich irgendwie

00:19:13: selbstständig machen, wirtschaftlich überleben müssen und irgendwie wollen wir alle unsere

00:19:16: Rechnungen zahlen, ist es schon irgendwie ein Abhängigkeitsverhältnis, was wir uns ja halt

00:19:21: auch auferlegen in Form von "wir machen uns von jemandem abhängig". Also es wäre für mich

00:19:26: zumindest der erste Schritt zu überlegen, wie können wir im Sinne einer guten Patientenversorgung,

00:19:31: zum Beispiel das Thema ICF, was einfach das wahnsinnige Potenzial dafür hat, hier die jeweiligen

00:19:37: Aspekte besser in der Praxis umsetzen. Jetzt sind für mich zwei Punkte. Auf der einen Seite

00:19:43: sind die Praxen auch Praktikumspartner. Das heißt, in den Berufsfachschulen sind die Praxen

00:19:49: ein wichtiger Kooperationspartner und auf der anderen Seite ist es so, dass teilweise auch in

00:19:56: den Praxen des Verständnisses noch nicht da ist. Das heißt, so Sachen wie QM-Management oder

00:20:01: Skalierbarkeit oder effektives Arbeiten ist natürlich was, was wiederum wirtschaftsbeding,

00:20:06: da noch keine Rolle spielt, aber bis jetzt war das ja alles okay. Nur bei immer knapperen Mitteln

00:20:11: wird das ein Thema werden, das wir effektiv und effizienter arbeiten müssen. Also würde ich

00:20:15: für die Entwicklung sowohl die Praxen so ein bisschen in die Verantwortung bringen wollen,

00:20:20: ja. Auf der anderen Seite aber auch natürlich die Berufsfachschulausbildung und wenn ich das so

00:20:25: richtig jetzt mitbekommen habe aus den Medien und aus dem Koalitionsvertrag, soll es ja da auch

00:20:29: jetzt Anpassungen geben, wo ich mir natürlich wünschen würde, dass die in die richtige Richtung

00:20:33: gehen oder da habe ich tatsächlich gar keinen Einblick, wer da wie mitspielt. Für mich kommt

00:20:38: aber dann wieder der Aspekt dazu, zu wissen, dass zum Beispiel die Osteopathie auch einen Claim

00:20:44: hat auf einem Berufsverband, der höchstwahrscheinlich dann auch wieder in die Gesundheitsbranche

00:20:49: mit reingeht. Das heißt, wir haben bestehende Strukturen, die eigentlich wieder untermauert

00:20:53: werden und so Stabilität per se eigentlich politisch verloren geht. Wie ist das eigentlich

00:21:00: jetzt, wo du Osteopathie sagst. Ich nehme das mal als Stichwort. Viele Physiotherapeuten sehen ja

00:21:04: die Osteopathie als gegener qualifizierendes Arbeiten, nicht evidente Methode. Wo stehen

00:21:10: wir denn da eigentlich? Wie wechseln die Osteopathie der Physiotherapie zu oder umgekehrt? Darf ich

00:21:15: das überhaupt so sagen? Oder kriege ich Ärger? Mit mir nicht, weil ich da buchstäblich tolerant

00:21:20: bin, weil für mich das Wichtigste ist wirklich, was bringt es den Patienten? Und die Wichtigkeit

00:21:24: dabei ist für mich, ich bin selber kein Osteopath, deswegen darüber mir irgendwelche

00:21:28: fachlichen Urteile zu bilden, nicht unbedingt professionell, die Datenlage wiederum, die

00:21:34: ich kenne, bescheinigte Osteopathie an sich nicht unbedingt die höchste Wirksamkeit. Deswegen glaube

00:21:40: ich, muss man hier auch kritisch reflektieren, ist das was, was wir uns zukünftig leisten können

00:21:45: und wollen, ohne jetzt auch hier wieder irgendwie etwas schlecht zu reden, ganz im Gegenteil, weil

00:21:50: ich glaube schon, einen bestimmten, auch anatomische, physiologische Entwicklungen in dieser Ausbildung

00:21:56: sind sehr tief und umfangreich, aber letztendlich dann wieder, was wir auf die Straße bringen,

00:22:02: zum Wohl des Patienten, ist vielleicht, ich sage da immer ganz gern, N1 schön, also wissenschaftlich

00:22:08: betrachtet mit einer Person toll, aber wenn die anderen 99 da keinen Effekt davon haben,

00:22:14: dann wird es halt schwierig und das muss man schon auch auf diesen politischen Ebenen betrachten,

00:22:18: was wollen wir da haben? Und wenn wir Wildwuchs wollen, auch das ist ein Thema, wenn es politisch

00:22:24: einfach was keinen interessiert so gemacht wird, dann werden wir unweigerlich den Schritt gehen,

00:22:30: dass die Physiotherapeuten, die verstehen, was effektive Patientenversorgung bedeutet, würde

00:22:37: ich jetzt mal mutmaßen, weil du von der Glaskugel gesprochen hast, durchaus in der Fitnessindustrie

00:22:41: Platz finden und dann mit wirklich attraktiven Modellen, Patientenversorgungen, respektive

00:22:47: dann nicht mehr Patienten, sondern wirklich Training, was es eigentlich auch ist, entwickeln

00:22:51: und somit muss man glaube ich auch ein bisschen aufpassen, wo die Reise hingeht. Das ist ein

00:22:56: klassisches politisches Thema, wo ich mir natürlich wünsche, dass das ein bisschen klarer in der

00:23:01: Struktur bleibt, aber danach schaut es aktuell nicht wirklich aus.

00:23:04: Alfred, lass uns mal über die Ausbildung sprechen und was man als junger Physiotherapeuten

00:23:08: tun könnte, würdest du mit deiner Erfahrung eigentlich anderen sagen, geh unbedingt ins

00:23:13: Ausland, also zum Beispiel nach England? Auf alle Fälle, also ich glaube, das ist mit eines der

00:23:19: schönen Sachen, wo ich lernen durfte, dieser Blick über den Tellerrand hat mir geholfen,

00:23:25: nicht immer die gleiche Suppe löffeln zu müssen und somit konnte ich auch ein bisschen

00:23:29: andere Geschmacks-Explosionen wahrnehmen und das hat dazu geführt, dass ich natürlich

00:23:34: auch mehr Interesse, mehr Verständnis, mehr Menschen Verständnis entwickelt habe, zu sehen,

00:23:40: wir machen andere das, aber auch hier ist immer der Blick drauf, mit was für eine Prämisse

00:23:44: mache ich das und für mich war es einfach wichtig erstmal zu gucken, wie ich mich selbst

00:23:49: entwickeln kann und dann kam der zweite Aspekt, buchstäblich diese Passion zu haben, wie kannst

00:23:53: du Menschen eigentlich aus, ich sag's mal, echt flapsig beschissenen Zeiten wieder raushelfen,

00:23:59: weil wenn jemand zu dir als Physio kommt, dann geht's dem meistens nicht gut, das heißt

00:24:04: hier wieder jemanden zurück in seine Lebenswelt zu bringen, das ist das A und O und dann würde

00:24:09: ich sagen, hilft das schon weiter auch mal ein bisschen über den Bayerischen Weißwurst-Equator

00:24:14: hinaus zu schauen. Ja, das Bayerische hört man dir ganz wunderbar an, so wie man mir

00:24:19: jetzt nieder Sächsisch, ja Sächsisch auch das Schwäbische anhört manchmal. Alfred,

00:24:23: du hast als Onfield Physio mal gearbeitet im Rugby, wenn du heute mit jungen Therapeuten

00:24:30: erinnern bist und müsstest denen sagen, mach das mal, sag mal speziell im Rugby, womit hat

00:24:35: der Physiotherapeut zu tun? Das ist doch pure Zerstörung, oder? Ja, ein, also Zerstörung

00:24:43: für den Physio nur dann, weil er unheimlich schräge Arbeitszeiten hat und ganz wenig

00:24:47: schlaft, das ist tatsächlich was, was man hinter den Kulissen so nicht mitbekommt. Aber

00:24:52: ich glaube, dass das Rugby ist schon nochmal so eine spezielle Art Physiotherapie wahrnehmen

00:24:58: zu können und zwar für mich war es, weil ich es halt in England schon mal ein bisschen kennenlernen

00:25:01: durfte, das war auch so diese Situation, wo ich damals den Stephen Boothwick kennengelernt

00:25:06: habe, das ist der jetzige Nationaltrainer von England und da waren auch immer ganz nette

00:25:11: Ideen und Erzählungen dabei, was so gemacht wird und somit war es für mich super spannend,

00:25:16: auch in das Rugby rein zu rutschen, obwohl ich klar für mich definiert habe, ich möchte

00:25:21: nie im Leistungssport sein. Aber Rugby hat da wirklich nochmal einen ganz großen Unterschied,

00:25:25: weil auf der einen Seite tatsächlich die Leute sich Schmerzen zuführen und auf der anderen

00:25:31: Seite aber wahnsinnig nette Kerlessen und somit hat das schon eine Art von moderner

00:25:36: Physiotherapie, wie du Schmerzen managen kannst, auf der anderen Seite aber auch diese, was

00:25:40: wir sehr gerne haben wollen, diesen Patient-Self-Referral oder Direct Access, von dem wir ja auch gerne

00:25:47: diesen Schritt endlich gehen wollen, weil du, wenn du mit den Spielern unterwegs bist,

00:25:51: für die wirklich verantwortlich bist, da ist natürlich immer die Schwierigkeit, welche

00:25:55: Berufskompetenzen werden wo übereinander gelegt, aber ich glaube, wenn du mit den Ärzten dort

00:26:00: gut zusammen arbeitest, ist das für die auch eine Bereicherung, weil man da gut arbeiten

00:26:04: kann, deswegen würde ich zu jedem sagen, ja, gönn dir das mal, aber sobald es auf einmal

00:26:10: in die Situation geht, dass du im Endeffekt nur noch der Massage Peter bist, ja, würde

00:26:15: ich sagen, du, dann bringst dir nicht viel, außer die Umgebung aufzusaugen, das einfach

00:26:20: als tolle Story dir in deinem Leben mitzunehmen, deswegen glaube ich, muss man auch überlegen,

00:26:24: wo kann man sich da drin entwickeln und vor allem dann auch buchstäblich dieser Sportartenden

00:26:28: Mehrwert geben, weil Leistungssport schon nochmal mehr ist und du hast es ja selber

00:26:33: schon für dich erfahren dürfen, als nur sportliche Leistung zu bringen. Das ist schon auch noch

00:26:38: Leistung im Privatleben, Leistung im Arbeitsleben und da gehört mehr dazu, mit was du dann

00:26:42: als Physio wirklich zu tun hast und das ist Physiotherapie nur auf einem wirklich dann

00:26:47: hohen Niveau. Ja, lass uns nochmal in die Wunschliste reingehen. Wenn du bist heute an der Hochschultätik

00:26:54: und wenn ich das richtig verstanden habe, muss ja auch der Hochschulbetrieb einiges

00:26:57: verbessern, um praxisgerechter zu werden. Was machst du als Professor also in der täglichen

00:27:02: Lehre, wenn du mit Studenten arbeitest, vielleicht um den Dinge mitzugeben, die außerhalb des

00:27:06: Curriculum liegen? Die Frage ist fast schon ein bisschen fies, weil im Endeffekt ist

00:27:11: Lehre. Danke, danke. Lehre ist an sich etwas, wo du erstmal Versuchst Theorie vorzugeben,

00:27:18: um ein bestimmtes Denkmuster zu stimulieren und dann muss ich sagen, tu ich mir ein bisschen

00:27:24: leichter, weil ich glaube ich immer noch, also ich weiß, ich bin noch praktisch tätig,

00:27:27: ja das heißt, ich kann dann immer wieder mein theoretisch akademisches, berufsschulfachliches

00:27:33: Wissen mit meinem praktischen Wissen zusammenbringen. Wir haben tatsächlich auch ganz tolle Hochschulentwicklungen,

00:27:41: auch bei uns an der Hochschule, wo wir versuchen, immer mehr auch diesen praktischen Aspekt

00:27:46: mit reinzubringen, weil der logischerweise gefordert ist und wichtig ist. Nur auch hier

00:27:51: sind uns dann wiederum hochschulmäßig sowohl auf Ressourcenebene, weil es kostet alles,

00:27:56: unheimlich viel Geld, auch ein bisschen die Hände gebunden, das heißt, man muss mit wiederum,

00:28:00: wie alle anderen, mit engen Hosen da dementsprechend das Beste rausholen. Von daher ich versuche

00:28:06: bestmöglich, praktisches Wissen mit theoretischem Wissen zu verknüpfen.

00:28:10: Jetzt sagst du, du bist noch tätig auch praktisch, hast aber unter anderem im Buch geschrieben

00:28:17: mit dem Titel "Hands of Physiotherapie" und der Weg geht ja für die Physiotherapie

00:28:22: durchaus dahin auf die jahrsamer klassische Behandlung mit Berührung mehr zu verzichten

00:28:26: als früher. Ist es jetzt eigentlich für den Physiotherapeuten insgesamt schwer zu verstehen,

00:28:33: dass ja auch die Wahrnehmung des Berufes sich in eine völlig andere Richtung entwickelt?

00:28:38: Ich muss vorher korrigieren, also ich durfte da drin ein paar Kapitel beisteuern und die

00:28:44: Kollegen, die das gemacht haben, da tatsächlich ein fantastisches Werk rausgebracht, was

00:28:48: wir schon ganz lange in der Physiotherapie brauchten. Deswegen glaube ich schon, dass

00:28:53: das am Anfang für den ein oder anderen schon ein bisschen schwere Kost ist, weil man sich

00:28:58: nicht unbedingt täglich damit auseinandersetzt. Aber das genau, was du angesprochen hast,

00:29:02: zeigt, dass wir eben im Gesamtpaket mehr sind als nur jemand, der an der Bank steht

00:29:08: oder nur jemand, der irgendwelche Petziballübungen zeigt. Sondern ich glaube, wir müssen uns

00:29:12: auch inhaltlich hier einfach klarer positionieren und dann kommst du an den Punkt, wo du diese

00:29:19: Inhalte von dem Buch auch definitiv brauchst. Und das wird sehr schwer zum Beispiel in

00:29:25: der Berufsfachschulausbildung zu implementieren, sondern das ist, glaube ich, dann einfach

00:29:29: auch die Schritte weiterzugehen, wo Hochschule dann auch anknöpfen muss, um sich da besser

00:29:35: entwickeln zu können.

00:29:36: Wie erklärst du das an Patienten? Ich meine, der Durchschnittspatient kommt doch mit der

00:29:39: Erwartungshaltung, da wird gezogen, gedrückt, massiert, was auch immer getan, zehn Sitzungen

00:29:44: lang, also es endet alles in einer großen Wellenbehandlung. Wie erklärst du den Patienten denn heute

00:29:49: nicht, dass das jetzt anders läuft und dass der, wenn ich es richtig verstanden habe,

00:29:53: ja viel, viel mehr Eigenleistung bringen muss, nach einem idealen Sinne.

00:29:57: Also ich glaube, die Pauschalantwort gibt es dazu nicht, weil das Thema, was du vorher

00:30:01: angesprochen hast, war die ICF. Wenn du die ICF verstanden hast, und ich spreche da immer

00:30:05: von der angewandten ICF, dann hast du die Möglichkeit für dich fachlich Schubladen

00:30:10: aufzubauen und dann musst du dementsprechend auf den Patienten reagieren, welche Schublade

00:30:17: du meinst für den Patienten passt. Und das bringt mich zu dem Aspekt, dass wir diese

00:30:22: Patient-Centered Care brauchen, indem wir sowohl im Kommunikationsbereich als auch im Verständnisbereich

00:30:29: den Patienten mehr verstehen müssen. Es war schon immer ein Thema auch im Rahmen von

00:30:33: meinen damaligen Forschungsaktivitäten, was will und braucht der Patient, weil dann wissen

00:30:38: wir, was wir liefern müssen. Aber, und jetzt kommt der zweite Aspekt, selbst wenn der Patient

00:30:44: möchte, dass er massiert wird jetzt als Beispiel, ist es jetzt nicht unbedingt seiner Gesundheit

00:30:48: dienlich. Und ich glaube, dann kommen diese Punkte, wo wir einfach ganz klar sowohl in

00:30:53: der Idee, wie wir methodisch an das Thema rangehen, also wie wir mit den Patienten arbeiten,

00:30:58: was wir für Ziele mit ihm versuchen abzustimmen, auf einmal in Richtung gehen, wo der Patient

00:31:04: merkt, wenn es gut gemacht ist, auch in der Kommunikation, hoppala, das ist jetzt ein

00:31:08: bisschen anders, was da passiert. Und das ist schon was, wo ich verstehe, wo der Kollege

00:31:13: sagt, da ist irgendwie so eine Gap da, weil das eben in diesem Transformationsprozess,

00:31:17: den wir gerade erleben, sehr mühsam ist, weil wir einfach nicht frei agieren können.

00:31:23: Ich glaube, wenn wir frei agieren dürften, das heißt auch im Rahmen der Finanzierung,

00:31:29: dem wie die Budgetverteilungen sind, würden wir hier viel, viel schneller vorankommen,

00:31:34: weil wir einfach effektiver werden würden und nicht versuchen, mit dem neuen Know-how

00:31:39: ein altes System zu befüttern. Das klappt nicht. Und von daher werde das für mich so die

00:31:44: Herangehensweise, die sich da anpassen müsste.

00:31:47: Also die Politik braucht einen ordentlichen Tritt in Hintern grundsätzlich? Wer verteilt

00:31:51: den?

00:31:52: Ja, das ist eine gute Frage. Letztendlich ist es auf der Verbandsebene, die auch hier

00:31:57: wahnsinnig viel Last auf ihren Schultern tragen, weil sie natürlich auf der einen

00:32:00: Seite die Interessen ihrer Mitglieder vertreten müssen, auf der anderen Seite merken, wo

00:32:04: moderne Therapie hingeht, dann aber auf der anderen Seite auch wiederum politisch nur

00:32:09: bedingtes Schwergewicht darstellen. Das heißt, das ist auf jeder Ebene sehr schwer, weil

00:32:15: politisch dieses Thema, in dem wir uns jetzt effektiv entwickeln müssen, einfach nicht

00:32:21: verstanden wird. Ich nehme mal vielleicht ein anderes Beispiel. Stellen wir uns mal wirklich

00:32:25: einfach nur als Beispiel wieder Glaskugel vor. Alle Physiotherapeuten würden von heute auf

00:32:30: morgen sagen, passt mal auf, ich gebe die Kassenzulassung ab, ich habe keine Lust mehr damit zu arbeiten

00:32:36: und müssten dann logischerweise Geschäftsmodelle entwickeln, die sie wirtschaftlich tragen

00:32:42: und auf einmal auch effizient effektiv sind. Dann werden wir sehr schnell merken, dass

00:32:46: vieles von dem, was wir jetzt machen, sich sowieso nicht tragen lässt. Es ist aber

00:32:50: einfach geduldet, gewollt, wie auch immer. Und das würde dazu führen, dass auf einmal

00:32:54: auch die Politik merkt. Scheimengleister, da ist ein ganz großer Anteil der Versorgung,

00:32:59: die wir brauchen, auf einmal weggefallen. Aber das ist wie gesagt, einmal in die Glaskugel

00:33:03: gesprochen, aber unter diesen Aspekten und das, was ich vorher auch mit der demografischen

00:33:07: Entwicklung versucht habe zu beschreiben, wird das passieren, weil die Lösungen,

00:33:12: die jetzt aus der Politik für diese Idee kommen, sind nicht da. Aber und jetzt muss man noch

00:33:17: zu zusagen, weil du es vorher so elegant mit dem Tritt beschrieben hast, ich glaube auch

00:33:22: wir müssen ein bisschen aus dem Quark kommen und einfach unsere Stärken ausspielen. Sowohl

00:33:29: jeder Einzelne in der Praxis, jeder Einzelne in der Verbindung miteinander, weil wir es

00:33:33: können. Ich glaube schon, dass wir einfach richtig, ich sage es mal eine ganz gute Blase

00:33:38: sind, wenn wir uns auf bestimmte zentrale Punkte einigen können.

00:33:42: Alfred, sag mal, wenn du, der alte Alfred, dem jungen Alfred, ein Tipp geben würde,

00:33:51: welcher wäre das? Du musst dich stets verändern. Ich glaube Stabilität entsteht nur durch

00:34:03: Veränderung. Ist tatsächlich auch ein bisschen was, was ich über die Physiotherapie verstanden

00:34:07: habe, weil das Thema Veränderung ist ein ganz wichtiger Aspekt. Perspektiven anpassen,

00:34:12: sich neu entwickeln. Heißt deswegen nicht, dass man sich untreu wird. Viele sehen es

00:34:17: immer, dass man sich dann untreu wird oder dass man irgendwie rückradlos wird. Ich glaube

00:34:21: ganz im Gegenteil, Veränderung erzeugt Stabilität. Auch wenn wir das jetzt wieder physiologisch

00:34:27: betrachten, wir verändern uns ja auch körperlich und trotzdem können wir in jeder Lebensphase

00:34:31: uns stabilisieren. Also warum sollten wir jetzt auch nicht geistig in der Lage sein, uns

00:34:36: da zu verändern, um dann auch wieder stabil weitermachen zu können. Ich glaube das ist

00:34:39: was, was ich bestmöglich auch versuche meinen Kindern irgendwie mitzugeben, dass Veränderung

00:34:45: okay ist, aus Fehlern zu lernen, ist vollkommen okay, weil zu dem Zeitpunkt, wo ich den Fehler

00:34:49: gemacht habe, war die Entscheidung ja richtig. Sonst hätte ich es ja nicht gemacht. Und

00:34:52: von daher glaube ich, das ist so der Weg, den ich mir vorstelle. Ich sage das würde

00:34:56: ich meinem, als Alter meinem Jungen sagen. Ja, Wahnsinn. Alfred, wenn heute ein junger Physiotherapeut

00:35:02: vor dir stellen würde, sagen Mensch, Professor Rucker, Sie kennen sie doch aus. Was muss

00:35:07: ich tun, um möglichst schnell als Physiotherapeut sehr erfolgreich zu werden? Was antwortest

00:35:11: du dem? Ich glaube der schnelle Weg, den gibt es hier nicht. Ich glaube, dass auf der einen

00:35:17: Seite tatsächlich eine stabile Ausbildung zu haben, um einfach die Grundlagen von Anatomie,

00:35:21: Physiologie, Biomechanik, das was vorher auch beschrieben wurde, wirklich zu verstehen. Und

00:35:25: das muss das Interesse auch da sein. Was glaube ich auch wichtig ist, ist das Thema sich selbst

00:35:30: auch im Rahmen von Bewegung ein bisschen wohl zu fühlen, weil wenn ich selber nicht weiß,

00:35:35: wie zehn Meter Sprint sich anfühlt, dann wird es auch schwierig, das jemandem irgendwie

00:35:39: nahe zu bringen. Das sind so glaube ich mal die Grundelemente, die man dafür braucht.

00:35:44: Und dann ergibt es eigentlich, weil hier der wichtige Aspekt ist, dass wir im Rahmen

00:35:49: der Ausbildung Neugierde eigentlich fördern müssen. Also das heißt, wir müssen das Potenzial,

00:35:55: was wir an zukünftigen Kollegen kriegen, einfach durch Neugier fördern und dann kommt das

00:35:59: automatisch. Weil die, die ich kennengelernt habe und ich habe jetzt tatsächlich schon

00:36:02: ein paar in meiner Laufbahn kennengelernt, da konntest du das Feuer in den Augen von Anfang

00:36:07: an sehen und die konnten auch sehr schnell differenzieren, was das Wichtige ist in der

00:36:10: Physiotherapie und was nicht. Und die haben es tatsächlich alle wirklich sehr schnell

00:36:15: zu viel Erfolg gebracht und schnell meine ich jetzt nicht von fünf Jahren, zwei Jahren,

00:36:19: drei Jahren, sondern im Rahmen dessen, was du als Physiotherapeut können musst.

00:36:23: Ja, das alles sagt Professor Dr. Alfred Drucker von der Hoffühle Döpfer in Regensburg, der

00:36:29: sich an einem wunderschönen Mai-Sammstag den Weg gebahnt hat hier nach München, die

00:36:34: Zerrettstraße zum Pflaumverlag. Das war es für heute von "Frischluft", dem Podcast

00:36:41: für Physiotherapeuten, sponsored by Optadata. Vielen Dank dafür. Und ich sage wie immer

00:36:45: danke einmal an den Alfred Drucker, dass du deinen Weg hierher gemacht hast. Vielen

00:36:48: Dank für die Einblicke. Und dann vielen Dank an den Florian Beisser vom Medienvertrieb

00:36:53: im Pflaumverlag. Danke für die Katharina Mut, die die Tonregler hoch und runter schiebt.

00:36:57: Vielen herzlichen Dank an Thorsten Otto für die Supervision dieser Folgen, Julian Nehliebel

00:37:01: hinter den Kameras. Und an die anderen 28 Pfleumlinge, die hier im Verlag und in der PT Redaktion

00:37:07: ihr Unwesen treiben. In diesem Sinne, das war "Frischluft", euer Nehlseil. Vielen

00:37:12: Dank und ciao.

00:37:13: [Musik]